Story von Raven & Rose              (Titel steht noch nicht fest)

 

Textauszug aus dem Manuskript:

 

 

Gegen ihren Willen war eine Frau vor dem Blutfürsten Ramón auf die Knie gezwungen worden. Der Fürst thronte zwei Treppenstufen über ihr auf einem prunkvoll verzierten, chinesischen Herrscherstuhl. Raven selbst stand wie immer neben ihm, aber selbstverständlich einen Schritt im Hintergrund. Die Tätowierung der Schlange auf seinem nackten Oberkörper war für alle eine deutliche Warnung.

Die Frau hatte ganz offensichtlich spanische Wurzeln und ihr Temperament schien aus jeder Pore zu dringen. Das hätte Raven gefallen – wenn er sich diesen Gedanken auch nur im Entferntesten hätte erlauben dürfen. Ihre Haut war von einem etwas dunkleren Teint, genau wie seine eigene, und ihre glänzenden, langen Haare waren so rabenschwarz wie bei ihm, ihre Locken allerdings größer. Die eher kleinere Statur fiel für ihn nicht ins Gewicht, denn ihr ungewöhnlich durchtrainierter Körper erweckte sofort seine Aufmerksamkeit. Ihr Rufname lautete Rose. So stand es in ihren Ausweispapieren. Sie war diesem kleinen Mädchen – Alice – gefolgt, das auf Geheiß von Ramón entführt worden war.

Er war Rose schon vorhin begegnet, als sie versucht hatte, sich in Ramóns Hauptquartier zu schleichen. Er hätte sie töten können, ohne einen Laut und ehe sie gewusst hätte, was ihr geschah. Doch er hatte sie stattdessen gewarnt: Sie solle das Gelände verlassen, bevor es zu spät wäre.

Jetzt war es zu spät.

Sie war in ein Nest von Vampiren – und zwar von der übelsten Sorte – eingedrungen und natürlich geschnappt worden. Allerdings nicht, bevor sie einem der Wachposten die Kniescheibe zertrümmert, dem nächsten das Nasenbein gebrochen und einem anderen gehörig in die Eier getreten hatte, was den unfähigen Typen, die sie hereingezerrt hatten, deutlich anzusehen gewesen war.

Er durfte es zwar nicht durch die kleinste Regung zeigen, aber dafür zollte er dieser Rose insgeheim seinen größten Respekt. Auch dafür, dass sie sich weigerte, ihnen dieses Mädchen – trotz ihrer aussichtslosen Lage und eines übermächtigen Feindes – kampflos zu überlassen. Denn das war für ihn aus ihrer Haltung und ihrem Blick deutlich herauszulesen.

Wie übermächtig, das würde sie in Kürze erfahren. Denn Ramón war nicht nur einer der mächtigsten Blutfürsten, sondern auch einer der skrupellosesten und neben Machtbesessenheit neigte er auch zu grausamen Gewaltausbrüchen gegenüber Wehrlosen. Jeder, der seine Macht gefährdete oder ihm zu stark wurde, den eliminierte er umgehend – und zwar nicht in einem direkten, fairen Kampf.

Aber wie Raven dazu stand, dürfte er auch niemals zeigen. Nicht zuletzt als Folge brutaler Bestrafungen zu Beginn seines Dienstes hatte er schon vor vielen Jahren gelernt, seine Gedanken und Gefühle hinter einer regungslosen Maske zu verbergen. Denn er war der Leibwächter des Blutfürsten. Zeigte er Mitgefühl, so würde ihm das sofort als Schwäche ausgelegt werden. Und sollte Ramón ihm je anmerken, dass er nicht voll und ganz hinter dessen Entscheidungen stand, würde sein Kopf rollen – nachdem er zur Abschreckung auf bestialische Art gefoltert worden war.

Diese Rose hatte sicher keinen blassen Schimmer, dass sie Vampiren gefolgt war. Aber das würde sich gleich ändern. Und mit diesem Wissen würde ihre Art sie nicht mehr gehen lassen.

Noch hatte sie ihren Kampfeswillen nicht verloren, und das, obwohl man nicht zimperlich mit ihr umgegangen war: Die Lippe war aufgeplatzt, ihre rechte Wange gerötet und die Schulter ausgekugelt. Letzteres bemerkte außer ihm wohl keiner, aber er war in den vielen Jahren seines erzwungenen Diensts unter Ramón zu einem äußerst guten Beobachter geworden. Und was er jetzt an ihr beobachtete, gefiel ihm sehr und er bedauerte zutiefst, dass er ihren Plan vereiteln musste.

Aus den Augenwinkeln schaute Rose nämlich unbemerkt zu jeder Tür im Raum, sie suchte also nach möglichen Fluchtwegen. Und jeden der Anwesenden nahm sie genau unter die Lupe, sicher um deren Bewaffnung zu checken und sie als Gegner einzuschätzen – und all dies, ohne dass es denen auffiel.

Er hätte sich in Rose’ Lage ebenso verhalten.

Sein Respekt ihr gegenüber war gerade noch ein Stück gewachsen.

Ihr Blick blieb kurz an Ramón hängen, dann wanderte ihre Hand unauffällig zum Stiefel. Der bot zwar einer Pistole nicht genug Platz, wohl aber einem Messer mit flachem Griff.

Die dämlichen Wachposten hatten sie nicht auf Waffen durchsucht!

Dafür würde er ihnen nachher mit Vergnügen noch ein paar zusätzliche Blessuren verabreichen. Umso lieber, als sie eine Frau verletzt hatten! Dagegen hatte sein Inneres schon immer rebelliert. Das hatte er selbst nie getan, wenngleich er manchmal einen anderen Anschein erwecken musste, um vor Ramón sein Gesicht zu wahren. Das war eine allerletzte Grenze, die er bislang nie überschritten hatte. Der klägliche Rest eines Gewissens. Und auch das durfte nie jemand erfahren.

Diese Trottel, die Rose gefangen genommen hatten, dachten wohl, eine menschliche Frau könnte ihnen nicht ernsthaft schaden. Doch die Zeiten hatten sich geändert. Es gab nun Schusswaffen. Ein Treffer in Kopf oder Herz, und selbst ein Vampirleben wäre vorbei. Und die Frauen hatten sich ebenfalls verändert, waren wehrhafter geworden – diese Rose hier ganz besonders.

Eine Rose mit harten Dornen.

Der Gedanke gefiel ihm, aber er hätte niemals schmunzeln dürfen, obwohl ihm danach war. Eine Regung zu zeigen, war für ihn beinahe ein Todesurteil.

Vielleicht hätte sie trotz der übernatürlichen Geschwindigkeit eines Vampirs mit einer Pistole eine minimale Chance gehabt, den Blutfürsten zu töten. Womöglich wäre sie im anschließenden, blutigen Kampf um die frei gewordene Machtposition entkommen.

Mit einer Pistole hätte er ihr gern einen Versuch gegönnt – wenn sein Bluteid ihn nicht daran gehindert hätte. Aber sie hatte allen Ernstes vor, nur mit einem Messer einen jahrhundertealten Blutfürsten anzugreifen! Und der würde sie dafür sehr lange und auf so grausame Weise bestrafen, dass sie um ihren Tod betteln würde.

Viel zu oft war er davon Zeuge gewesen; das Schreien und Winseln verfolgte ihn bis in seine Träume.

Für den Fürsten wäre es nur ein befriedigendes und willkommenes Exempel. Eines, das seinen gesetzlosen, mörderischen Untertanen, die ihren Trieben normalerweise rücksichtslos freien Lauf ließen, die Folgen von Ungehorsam vor Augen hielt und jede Rebellion im Keim erstickte.

Mittlerweile registrierte Raven, wie Rose ihre Muskeln anspannte und die Haltung ihrer Füße leicht veränderte, um sich für den Sprung zu Ramón bereit zu machen. Ihre rechte Hand lag nun wie zufällig direkt an ihrem Stiefel.

Jeden Moment würde sie den Blutfürsten angreifen.

Um Rose’ Aufmerksamkeit zu erregen, spannte er seine Bauchmuskeln zweimal hintereinander an und der guten Beobachterin entging das nicht. Er suchte den Blickkontakt mit ihr und hoffte inständig, dass keiner der Anwesenden das registrierte. Als sie ihm direkt in die Augen sah, fixierte er sie mit seinem Blick.

Ich weiß, was du vorhast. Tu das nicht!

Allein die Vorstellung, ihre gellenden Schmerzensschreie zu hören und mit anzusehen, wie ihr Frauenkörper blutig geschlagen und ihre Knochen gebrochen wurden, sprengte für ihn mit einem Mal das Erträgliche. Dabei hatte er schon mehr gesehen als das – und weit mehr, als er ertragen konnte. Aber der plötzliche Drang, genau diese Frau zu beschützen, war überwältigend und er wollte ihn auch gar nicht unterdrücken.

Das könnte dein Untergang sein!, warnte ihn sein Verstand.

Ihre Fingerspitzen glitten gerade in ihren Stiefelschaft. Jede Sekunde würde sie den Blick von ihm abwenden und auf ihr Ziel richten.

Er setzte sein Leben aufs Spiel und schüttelte ganz leicht den Kopf in einem letzten Versuch, sie aufzuhalten.

Rose, nicht! – Bitte!

Aber sie wandte ihren Blick von ihm ab und fixierte Ramón.

Als dessen Leibwächter musste er eingreifen!

Er hasste diesen vor so vielen Jahren geleisteten Bluteid! Dennoch würde er ihm treu bleiben müssen, denn als Gegenleistung hatte man seine Mutter damals nicht auf unabsehbare Zeit misshandelt, bis sie irgendwann im Tod Erlösung gefunden hätte. Ramón hatte es einen Akt der Großzügigkeit und des Erbarmens genannt, dass Raven überhaupt diese Option hatte wählen dürfen.

Aber was für eine Wahl war das gewesen?

Und seit diesem Zeitpunkt hatte er nie wieder eine Wahl gehabt. Dafür hatte Ramón gesorgt. Dieser Eid mit der Warnung des Fürsten: »Das ist dein Schicksal. Nimm es an oder stirb«, hatte von da an Ravens Leben bestimmt.

Er hasste diese Existenz. Und das um ein Vielfaches, seit dieses unschuldige, kleine Mädchen gefangen worden war. Er sollte es bewachen, weil er der einzige Vampir war, dem der Blutfürst zutraute, nicht über das heiß begehrte Kinderblut herzufallen.

Niemals würde er über ein Kind herfallen! Selbst wenn es das Letzte wäre, was ihn am Leben erhalten könnte. Und eigentlich wollte er auch keiner Frau jemals Schmerzen zufügen. Die Schreie der Vergewaltigten und ihr Anblick danach hatten ihn als jungen Vampir ebenso davon abgehalten wie die Erziehung seiner Mutter Shirin. Von dieser Erziehung hatte ihm mal eine der Gefangenen heimlich erzählt, denn seine Erinnerung daran war ausradiert worden. Ein weiterer Akt der Barmherzigkeit von Ramón, der meinte, die Vergangenheit und der Tod seiner Mutter wären nur eine schwere Last für ihn gewesen und er hätte ihn davon befreit. Nur an den Zeitpunkt des Bluteides und alles, was damit zu tun hatte, daran erinnerte er sich, dafür hatte Ramón selbstverständlich gesorgt.

Rose’ Fingerspitzen hatten sich weiter in den Stiefelschaft vorgeschoben.

Er musste etwas unternehmen! Jetzt!

 

 

– Ende der Leseprobe –

 

 

 

Die Arbeiten zu diesem siebten Band werden bald nach Abschluss des vorigen Romans begonnen.

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